Blitze unter dem Weihnachtsbaum

„Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen…“ und dann kommt der Blitz, und von Lichtern am Weihnachtsbaum ist nichts mehr zu sehen…

Mit großen Schritten geht es ja auf Weihnachten zu und eine große fotografische Herausforderung steht bevor: Man möchte doch etwas die Stimmung am Weihnachtsabend in Bildern festhalten. Schnell wird klar, dass im etwas abgedunkelten Raum (damit die Beleuchtung am Weihnachtsbaum auch schön zur Geltung kommt) etwas Hilfslicht benötigt wird, damit das Kind beim Auspacken der Geschenke nicht nur als schwarzer Klecks im Bild erscheint.

Also, Blitz auf die Kamera – wozu hat man den – alles auf Automatik und los gefeuert.  Was wird das Ergebnis sein? Nun, ich vermute stark ein korrekt belichtetes Bild. Korrekt belichtet bedeutet aber nun nicht, dass das Ergebnis so ist, wie man es sich gewünscht hat. Denn von den Lichtern am Weihnachtsbaum wird wahrscheinlich nicht mehr viel zu sehen sein. Sie gehen in der allgemeinem Helligkeit unter. Das Bild wird vermutlich so aussehen, als wenn man alle möglichen Lichtquellen im Zimmer in voller Helligkeit aktiviert und man ohne Blitz fotografiert hätte. Von heimeliger Weihnachtsstimmung unterm Baum ist nicht mehr viel zu sehen. Oder das Gesicht im Vordergrund ist vollkommen überstrahlt.

Wie können wir also diese schwierige Lichtsituation lösen?

Das wichtigste vorweg: Wir sollten die restlichen Tage vor Weihnachten nützen, um uns auf diese Situation vorzubereiten. Hole entweder die Lichterkette schon einmal aus dem Keller oder versuche dich auf einem Weihnachtsmarkt mit der Familie daran. Alternativ kann der Adventskranz als Weihnachtsbaum-Ersatz her halten. Wichtig ist, eine solche Lichtquelle im Hintergrund zu haben, die der späteren Beleuchtung am Weihnachtsbaum ähnelt und eine Person im Vordergrund. Ggf. geht anstelle einer Person ein größerer Karton im Vordergrund.

Machen wir uns zuerst einmal Gedanken darüber, wie der Weihnachtsbaum belichtet werden soll. Damit die Lämpchen und vielleicht brennenden Kerzen zur Geltung kommen, muss das Bild leicht unterbelichtet werden. Dass die Tannenzweige teilweise im dunklen Schwarz verschwinden, wird uns nicht zu sehr stören. D.h. stellen wir mal die Kamera in den Modus M auf ISO 200, Blende 3.5 und 1/60 sec. Belichtungszeit. Bei einer Brennweite zwischen 24 und 50 mm können  wir dies sicher aus der Hand halten. Aber über Verwacklungsunschärfe müssen wir uns auch überhaupt nicht so viel Gedanken machen. Dazu weiter unten mehr.

Nun liegt leider unsere Person im Vordergrund noch im Schatten und wird auch deutlich unterbelichtet sein. Wir möchten also etwas mit dem Blitz die Person oder die Geschenke aufhellen – aber nicht „tot blitzen“. Machen wir uns zuerst Gedanken darüber, wohin wir denn blitzen. In der Regel wird empfohlen indirekt zu blitzen. Indirektes Blitzen führt zu einer gleichmäßigen Ausleuchtung und vermeidet oft harte Schatten. In diesem Fall könnte man auch mal direkt blitzen da die Blitzlichtleistung ziemlich reduziert wird. Damit das Blitzlicht nicht zu hart ist, empfiehlt sich ein sogenannter Joghurtbecher – oder richtig als Diffusor bezeichnet. Wie z.B. dieser hier von Yongnuo.

Automatiken sind gut – aber leider auch oft schwer zu verstehen und man muss sich durch zahlreiche Menüs an Kamera und Blitzgerät hangeln. Deshalb empfehle ich hier, den manuellen Modus auch am Blitzgerät einzustellen. Regelt nun die Blitzleistung hinunter auf 1/32 oder 1/64 der vollen Leistung. Bei drei bis vier Meter Abstand wird diese Leistung voraussichtlich bei den meisten Blitzgeräten ausreichen, um das Objekt im Vordergrund ausreichend auszuleuchten.

50mm Brennweite, f 2.0, ISO 200, 1/60 sec. leichter Blitz
50mm Brennweite, f 2.0, ISO 200, 1/60 sec. leichter Blitz

Indirektes Blitzen mit Bouncer

Bounce, übersetzt, heißt u.a. zurückwerfen und genau das tut der Bouncer. Er wirft das Licht zurück. Wenn man gegen eine helle Decke oder Wand blitzt, dann ist diese Fläche eigentlich der Bouncer. Es gibt aber auch Bouncer, die man am Aufsteckblitz befestigt. Der Aufsteckblitz wird dann senkrecht nach oben oder in einem leichten Winkel nach vorne gerichtet. Das Licht wird von der hellen Fläche auf das Motiv vor der Kamera geworfen.

Es gibt unterschiedliche fertige Lösungen wie z.B. dieser Flashbender von Rogue. Eine einfache Do-it-yourself Lösung ist eine Bouncecard aus Moosgummi. Wie so etwas aussehen kann, sieht man bei Peter Gregg’s A better bounce Card. Moosgummi, weiß in der Stärke von 2mm bekommt man im Bastelladen. Klettband ebenfalls. Alternativ tut es auch ein Haushaltsgummi.

Flashbender
Flashbender

Wenn man nun den Blitz im manuellen Modus hat wie zuvor, muss die Blitzleistung etwas erhöht werden, da durch das indirekte Blitzen weniger Leistung direkt am Motiv ankommt. Falls der Blitz schon zuvor auf voller Leistung war, muss man entweder die Blende etwas öffnen oder die Empfindlichkeit (ISO) erhöhen.
Wichtig ist, die Blitzsynchronisationszeit der Kamera zu kennen. Das ist die kürzest mögliche Belichtungszeit mit Blitz.

Warum das Bild nicht verwackelt

Ausschlaggebend für Belichtungszeit ist unter diesen Umständen weniger die an der Kamera eingestellte Belichtungszeit. Sondern vielmehr die Zeit, in der das Blitzlicht wirkt. Und das ist ein sehr, sehr kurzer Moment. Nur um ein Beispiel zu nennen: Beim Canon Speedlite 580EX II beträgt die Abbrennzeit (also die Dauer, die der Blitz leuchtet) bei voller Leistung 1/299 sec. Aufsteckblitze reduzieren die Abbrennzeit, wenn man die Leistung reduziert. Im Beispiel würde bei 1/4 Blitzleistung die Abbrennzeit nur noch 1/1200 sec. betragen.

Ich hoffe das ihr mit diesen Tipps und etwas Vorbereitungen ein paar schöne Aufnahmen vom Weihnachtsabend machen könnte. Falls ihr diese öffentlich irgendwo zeigt, dann postet doch den Link in einem Kommentar unten – würde mich freuen, eure Ergebnisse zu sehen.

Weißabgleich

In der Situation haben wir Mischlicht. Das Blitzlicht, das etwa Tageslicht-Temperatur hat und das warme Licht der Weihnachtsbaumbeleuchtung. In diesem Fall würde ich den Weißabgleich auf Blitzlicht stellen, damit die Person im Vordergrund, die durch das Blitzlicht beleuchtet wird, richtig belichtet wird. Würde man den Weißabgleich auf warmes Kunstlicht stellen, hätte diese sehr kalte Hauttöne. Wie immer empfehle ich auch hier in RAW zu fotografieren, um ggf. den Weißabgleich später anpassen zu können.

Ideal wäre noch eine Lee-Farbfilterfolie wie 1/2 CTO auf dem Blitz. Diese passt die Farbtemperatur des Blitzlicht auf das warme Kunstlicht an. Enthalten ist die z.B. im Lee-Musterheft.

Mehr Tipps und Tricks zum blitzen mit dem Aufsteckblitz gibt es dann in meinem Workshop „Richtig blitzen mit Aufsteckblitz„.

P.S. Falls ihr noch einen Aufsteckblitz-Kauftipp möchtet: Den Yongnuo 568 EX II kann ich sehr empfehlen. Es gibt ihn sowohl in einer Canon- als auch einer Nikon-Version. Ich hatte den Blitz in diesem Blog vorgestellt.

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