Auch in meinen Workshops kommt von Teilnehmern immer wieder mal die Frage „und wie ist das jetzt mit der hyperfokalen Distanz?“. Bewusst lasse ich das aus, bis die Frage kommt. Und ich kann mich darauf verlassen, dass die Frage kommt.
Worum es den Teilnehmern geht: Die Frage, die eigentlich dahinter steckt, ist die nach der Frage, nach einem möglichst scharfen Bild. Möglichst scharf bedeutet in dem Moment für den Fragesteller, über einen grossen Bereich. Grosser Bereich bedeutet nicht links/rechts oder oben/unten sondern nah und fern.
Um es vorweg zu nehmen: Es gibt nur einen Entfernungspunkt im Bild, der scharf abgebildet wird. Das ist der Entfernungspunkt, auf den fokussiert wurde. Davor und dahinter gibt es einen Bereich, der allgemein als „akzeptable Unschärfe“, also als einigermaßen scharf definiert wird. Dieser Bereich, vor und hinter dem Schärfepunkt, das ist die hyperfokale Distanz.
Die hyperfokale Distanz ist von verschiedenen Parametern abhängig:
- Verwendete Brennweite
- Blende
- Abstand zum Fokuspunkt
- Sensorgrösse
Die ersten drei Parameter mögen noch recht schnell einleuchtend sein. Beim letzten geraten schon einige ins Grübeln. Die Sensorgrösse hat Einfluss auf den Zerstreuungskreisdurchmesser. O.k. – jetzt wird es kompliziert. Und genau das möchte ich nicht.
Ich könnte jetzt hier eine Abhandlung schreiben, wie sie schon vielfach im Internet zu finden ist. Aber das möchte ich nicht. Warum? Weil es nicht zielführend ist.
Genau aus dem Grund gehe ich auf das Thema nicht ein, bevor ein Workshop-Teilnehmer die Frage gestellt hat.
Noch einmal zum Eingangssatz: „Die hyperfokale Distanz definiert einen Bereich akzeptabler Unschärfe“. Und genau hier muss es „klick“ machen. Nur ein Entfernungspunkt in eurem Bild ist zu 100% scharf.
Was ist eurer Motiv?
Wenn das Motiv im Bild eine Wurzel am Strand ist und alles darum herum, die Berge im Hintergrund, die Kieselsteine im Vordergrund, nur Beiwerk sind, dann muss der Fokuspunkt auf diese Wurzel gesetzt werden. Sicher, wenn der Abstand zur Wurzel nur 150 cm beträgt, dann könntet ihr mit der hyperfokalen Distanz theoretisch einen Punkt errechnen auf den ihr fokussiert (z.B. drei Meter Abstand) und bei dem ihr mit einer bestimmten Blende laut hyperfokaler Distanz alles von 1,5 Meter bis Unendlich „scharf“ abgebildet hättet.
Doch was wäre das Resultat? Das Resultat wäre, am Beispiel oben, dass alles was drei Meter entfernt ist, 100%ig scharf wäre. Die Wurzel, euer eigentliches Hauptmotiv, wäre nur zu 90% oder 95% scharf abgebildet, akzeptabel unscharf. „Klick“?
Was ich sagen möchte: Egal wie der Abstand ist, egal welche Blende ihr verwendet, egal welche Sensorgrösse ihr habt – es gibt keinen Bereich, der von vorne bis hinten 100% scharf ist. Konzentriert euch auf das Motiv – dort muss der Fokuspunkt sitzen.
Falls ihr die Berge im Hintergrund noch einigermaßen scharf abgebildet haben möchtet, dann schließt die Blende entsprechend auf Blende 8 oder Blende 11. Für die meisten Objektive ist das die förderliche Blende.