Mit Kritik umgehen

Ich selbst bin relativ wenig außerhalb meiner eigenen Internetseite mit meinen Bildern im Internet unterwegs. Ich habe natürlich noch meine Facebook-Seite von der ich manchmal Bilder in diverse Facebook-Gruppen teile. Aber auch das sind nur sehr wenige. Dazu kommt dann noch das DSLR-Forum, wo ich aber wenige Bilder zeige, und Flickr. Ich habe zwar noch einen Account auf 500px und bei der Fotocommunity, aber auf beiden Plattformen zeige ich nichts mehr aktuell. Warum, dazu weiter unten.

Oha, mein Bild wird kritisiert

Nun, da hat man also ein Bild in einem Forum oder in einer Facebook-Gruppe geteilt. Zuerst sind wir natürlich von unserem Bild überzeugt und begeisterst. Und nun kommt es: Der Gegenwind. Es gibt Kritik zu unserem Bild. Sei es die Komposition, die Bearbeitung, der Weißabgleich, die Motivwahl, der Bildschnitt oder what ever…. Und manchmal auch ganz platt – „gefällt mir nicht“.

Auch ich habe mir in den Anfängen meiner fotografischen Tätigkeit viel Kritik eingefangen. Auch heute noch fange ich mir immer wieder einmal Kritik ein. Das ist nicht leicht, das zu ertragen.

Gleichzeitig wächst mit den Jahren der Mut, auch andere zu kritisieren. Und auch das ist ein schmaler Grat…

Ich erinnere mich auch mehr als 20 Jahre danach gut an den Besuch einer Kunstausstellung in einer Gemeinde, in der ich früher für etwa 15 Jahre lebte. Ich stand mit meiner damaligen Frau u.a. vor einem Bild das beinhaltete einen roten Punkt auf einer blauen Fläche. Ich sagte spontan laut in etwa „so einen Mist könnte ich auch noch malen“. Darauf echauffierte sich eine andere Besucherin über meinen Kommentar und meinte in etwa, dass ich keine Ahnung von Kunst hätte. O.k. kann sein, dass mir hier das Verständnis fehlte. Aber da bin ich ja gelegentlich nicht alleine

Was nicht geht

Technische Mängel wie fehlende Schärfe, Schärfe am falschen Punkt, Bearbeitung, Bewegungsunschärfe, Bildschnitt lassen sich relativ einfach kritisieren. Etwas komplexer wird es dann bei der Motivwahl, der Gestaltung oder dem Konzept. Hier sollte Kritik nach Möglichkeit über das „gefällt mir nicht“ hinaus gehen. Darüber hinaus gehen bedeutet, den Satz weiter zu ergänzen. „Gefällt mir nicht weil….“. Damit kann der Gegenüber etwas anfangen.

Wenn ich zu dir sage „deine Klamotten gefallen mir nicht“ – dann habe ich zwar meine Meinung geäußert, aber du weißt nicht, warum mir deine Klamotten nicht gefallen. Wenn ich zu dir sage „Deine Klamotten gefallen mir nicht, weil ich die Farbe Gelb überhaupt nicht mag“, dann kannst du dir sagen „o.k. ihm gefällt die Farbe nicht. Mir gefällt sie. Alles gut“.

Wenn ich aber zu dir sage „Deine Klamotten gefallen mir nicht, weil ich die Farbe Rosa für eine 50jährige Person etwas daneben finde“, dann kannst du diese Kritik verarbeiten. Vielleicht definierst du dich gerne als Kunstwerk und läufst deshalb mit rosa Plüschjacke und Pudelmütze durch die Gegend“. Egal wie, du kannst dann zumindest mit dieser Aussage etwas anfangen und entsprechend reagieren (falls du darauf reagieren möchtest).

Ähnlich ist es bei der Bildkritik. Wenn ich sage „Das Bild gefällt mir nicht, weil es für mich viel zu unruhig ist und der Fokus auf das Wesentliche fehlt“ dann ist das eine konstruktive Kritik, mit der etwas anzufangen ist. Die kritisierte Person kann nun die Kritik akzeptieren oder auch ein Argument bringen, warum das Bild so gestaltet wurde.

Jede Kritik ist ein Goldstück

Wenn ich ein Bild kritisiere, dann ist das ein Goldstück. Etwas das ich gebe. Ich mache mir Gedanken über das Bild und überlege, was ich nicht gut finde. Ich versuche zumindest meine Kritik konstruktiv zu formulieren. Ich versuche die Kritik auch oft so zu formulieren, dass ich den Fotografen auch lobe. Kritik lässt sich wesentlich besser annehmen, wenn sie in einem Lob verpackt ist. Z.B. „Ganz toll dein Auge für die Situation. Nur schade, dass der Fokus nicht dort sitzt, wo er für die Situation sitzen sollte“. Das klingt doch wesentlich besser als wenn ich schreiben würde: „Der Fokus sitzt falsch“.

Genauso geht es mir, wenn ich Kritik empfange – also wenn ich eines meiner Bilder zur Kritik freigebe. Ich erkenne gute und schlechte Kritik. Es freut mich, wenn jemand, den ich selbst akzeptiere, als guten Fotografen anerkenne, mein Bild kritisiert. Wie würde es euch ergehen, wenn Annie Leibovitz oder Audun Rikardsen eines eurer Bilder kommentieren und kritisieren würde? Ihr würdet wahrscheinlich um 2 Zentimeter wachsen…

Achja, der Anlass

Ihr kennt mich sicher – ich blogge nicht ohne Grund. In dem Fall war der Anlass eine Kritik in einer Facebook-Gruppe. Ein Mitglied der Gruppe hat ein interessantes Bild der Imperia in Konstanz mit dem Vollmond gezeigt. Ihr wisst ja, dass das Thema Vollmond / Supermond bei mir auch ein Thema ist. Vor längerer Zeit hatte ich auch ein Foto mit hohem Planungsaufwand und mit großem technischen Aufwand gemacht. Und ich hatte auch schon den Gedanken, die Imperia mit Vollmond abzulichten und auch schon mir einfach mal die Situation mit Datum, Uhrzeit, Mondaufgang etc. angesehen. So ein Foto macht man nicht eben im Vorbeigehen.

Nun hatte ein Mitglied der Gruppe ein Bild kritisiert, das jemand zum Vollmond mit der Imperia gemacht hatte. Eigentlich ohne jegliches Argument. Seine einzige Argumentation war, dass er selbst aus Konstanz wäre und die Imperia kennen würde. Was er aber konkret an der Aufnahme kritisiert, ging aus der Kritik nicht hervor. Am selben Tag zeigte er selbst eine Aufnahme vom Vollmond. Einfach nur der Vollmond mit etwa 200mm Brennweite aufgenommen und beschnitten. Wer in Facebook unterwegs ist und in diversen Gruppen zum Thema Fotografie unterwegs ist der weiß, dass solche Bilder hundertfach zu jedem Vollmond gezeigt werden. Solche Bilder sind uninteressant und ohne jeden technischen Aufwand realisierbar (habe ich selbst in den Anfängen zigfach fotografiert). Da braucht man kein Stativ und keine Planung. Einfach nur eine längere Brennweite, nach draussen gehen und abdrücken. Punkt. Es hat die Qualität des Fotografieren eines Verkehrsschildes. Das kuriose war, die Person ist wirklich spezialisiert auf die Makrofotografie. Auf seinem Profil konnte ich herausragende Makrofotos sehen. Er hatte also Ahnung von der Fotografie.

Aber so etwas ärgert mich einfach: Ein Foto (was mit hohem planerischen und technischen Aufwand entstanden ist) pauschal schlecht machen und gleichzeitig selbst ein 08/15 Foto zeigen und sich gegen jegliche Kritik wehren mit dem Argument, dass man Anfänger in der Thematik wäre. Wenn ich Anfänger im Bereich Aktfotografie bin, dann kritisiere ich mit Sicherheit nicht Aktfotos eines anderen Fotografen.

Ich hatte versucht, sein Bild konstruktiv zu kritisieren. Vielleicht ist mir dies auch nicht gut gelungen. Das Fazit war, dass die Person mich blockierte ich also nicht mehr antworten konnte auf seine Antwort. Das kennen sicher viele aus dem täglichen (Berufs-) leben. Wenn Menschen eine Kritik nicht hören (akzeptieren) möchten, machen sie einfach die Ohren zu. Aber das ist die Reaktion eines Kleinkindes. Gut ist das nicht…

Kompetenz

Mit dem letzten Satz habe ich einen wesentlichen Punkt angesprochen: Der Kompetenz zur Kritik. Fußball-Fans würden es nur schwerlich akzeptieren, wenn eine Koryphäe im Biathlon ein Länderspiel und einzelne Spieler kritisieren würde. „Schuster bleib‘ bei deinen Leisten“ ist ein alter Spruch. Aber alte Sprüche beinhalten oft sehr viel Wahrheit. Ich selbst bin kein Held in der Highend-Hautretusche. Und obwohl ich in diversen Gruppen Bilder dazu angezeigt bekomme, würde ich es mir nie anmaßen, hier ein Bild zu kritisieren. Und wenn ich das tun würde, dann würde ich dazu sagen, dass ich selbst kein Profi bin und würde versuchen so gut wie möglich zu argumentieren, warum ich dieses oder jenes nicht gut finde.

Meine Frau hatte vor einigen Jahren eine Facebook-Gruppe für Fotografen am Bodensee ins Leben gerufen. Über einige Jahre lief diese Gruppe sehr gut und viele Hobby-Fotografen hatten ihre Freude an dieser Gruppe. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem ein Mitglied auf die Idee kam, Bilder grundsätzlich zu kritisieren. Das kann man machen. Aber gerade diese Person hatte nicht im geringsten die Kompetenz, Bilder zu kritisieren. Letztendlich zerbrach die Gruppe genau daran. Daran sieht man, dass Kritik viel kaputt machen kann…

Wie steht ihr zu Kritik?

Schreibe einen Kommentar