Backdrop im Oliphant-Style

Irgendwann hat man als Fotograf die eintönigen Hintergründe aus Karton satt gesehen. Sicher gibt es noch die gedruckten Hintergründe auf Vinyl oder Gewebe mit Vinyl-Farbe. Für Baby-/Kleinkind-Shootings habe ich mir auch ein paar Hintergründe dieser Art besorgt.

Auf meiner Suche nach besonderen Hintergründen bin ich auf die Backdrops von Sarah Oliphant gestossen. Die bekannte Fotografin Annie Leibovitz verwendet bei ihren Portraits sehr häufig Backdrops von Oliphant. Auch beim neuen Pirelli-Kalender für 2016, den Annie Leibovitz fotografierte, kommen wieder Backdrops von Oliphant zum Einsatz. Bei vielen Cover-Bildern der bekannten Modezeitschriften wie VOGUE sieht man Backdrops dieser Art.

Neben Oliphant gibt es noch den ebenfalls amerikanischen Hersteller Schmidli.

Oliphant Backdrops kann man mieten und die Mietpreise liegen bei ca. 400$ für 3 Tage. Natürlich kann man sie auch kaufen. Kaufpreise sucht man jedoch vergeblich auf der Seite von Oliphant. Das liegt auch daran, dass jeder Hintergrund kundenindividuell gefertigt wird. Bei meiner Recherche kam ich auf die Internetseite eines schweizer Fotografen, der sich zwei Hintergründe von Oliphant anfertigen lies. Diese, im Format 10 x 6 Fuss (ca. 3 x 1,80 Meter) kosteten etwa 1400 Euro. Dazu kamen 400 Euro Versand plus Zoll. D.h. man ist am Ende deutlich über 1.000 Euro (je Hintergrund).

Dann fand ich noch Gravity Backdrops – ein Anbieter aus Serbien. Ein Hintergrund in der Größe 2,1 x 2,5 Meter wird dort für etwa 400 Euro angeboten. Da Serbien nicht zu der EU gehört, muss man hier auch mit Einfuhrzoll und Einfuhrumsatzsteuer rechnen. Das sind ca. 21% die dazu gerechnet werden müssen.

Doch was ist das besondere an diesen Hintergründen? Allen gleich ist, dass sie von Hand auf Leinwand gemalt sind. Richtige Leinwand – aus Baumwolle oder Leinen. Kein Druck! Dabei wird „richtige“ Acrylfarbe verwendet. Das erklärt, warum diese Hintergründe nicht ganz günstig sind.

Grundiertes Leinen kostet bei 2 Meter Breite ca. 30 Euro je Meter. Leinwand aus Baumwolle ist etwas günstiger. Man kann auch ungrundierte Leinwand nehmen, die etwas günstiger ist. Dann muss man allerdings noch Zeit und Material für das Grundieren der Leinwand einplanen.

Im Internet habe ich einige DIY Anleitungen gefunden. Zwar hauptsächlich englischsprachig, aber durchaus verständlich beschrieben. Darunter findet man Billigst-Varianten, die z.B. ein altes Betttuch verwendet haben, aber auch richtige gute Anleitungen.

Halbe Lösungen sind für mich nichts. Wenn es dann nicht klappt, weiß ich nicht woran es lag – an meinem Unvermögen oder daran, dass ich an jeder Ecke gespart („gepfuscht“) habe. Also habe ich mir grundierte Künstlerleinwand bei Peters Art Shop in der Breite 2,50 Meter bestellt. Die Leinwand kam sehr gut verpackt, aufgerollt. Auch das ist eben sehr wichtig: Leinwand ist sehr knick-empfindlich. Und mit einem Bügeleisen sollte man da nicht ran gehen – wenn, dann muss man es dampfen.

backdrop

Bezüglich der Farbe habe ich mich beim Staffelei-Shop beraten lassen und habe mich für die College Serie der Marke Schmincke entschieden. Schmincke ist ein bekannter, deutscher Hersteller von Künstlerfarben. Die College Serie ist eine etwas preisgünstigere Serie in Studienqualität. Aus den unterschiedlichsten DIY Berichten, die ich gelesen hatte, rechnete ich mit einem Bedarf von etwa 8 Liter Acrylfarbe.

Platz

Das nächste was man benötigt ist viel Platz. Der Boden wurde zuerst mit einer Folie ausgelegt. Wichtig ist, dass der Boden davor gut gereinigt wird, denn man wird später oft auf der Leinwand laufen oder knien und darunter liegende Steinchen o.ä. drücken dann sofort durch.

Ich wollte einen Hintergrund in der Art wie dunklen Beton. Es ist einfacher, einen etwas dunkleren Hintergrund hell zu blitzen, als einen hellen Hintergrund dunkel zu bekommen.

Aus diesem Grund hatte ich aus den Farben Steingrau, Schwarz und Weiß unterschiedliche Mengen zusammengestellt. Dazu habe ich noch zwei Brauntöne gewählt, um einen leichten Farbakzent in den Hintergrund zu bekommen.

Zuerst wird der Grundton mit einer Rolle aufgebracht. Acrylfarbe kann man einfach mit Wasser verdünnen. Die Originalfarbe ist ziemlich pastös. Deshalb mischte ich etwa 30% Wasser dazu. Die Grundfarbe wird dreimal aufgetragen.

Oliphant Style Backdrop

Das Künstlerische

Dann kann es an den eigentlichen, künstlerischen Teil gehen. Acrylfarbe trocknet relativ schnell. Um die Zeit zu verlängern, gibt es einen Trocknungsverzögerer. Es darf allerdings nicht mehr als 30% von diesem zugegeben werden.

Wie und mit welchen Hilfsmitteln man hier vorgeht, hängt auch vom gewünschten Effekt ab. Man kann mit dem Schwamm, mit Pinsel oder mit Bürste arbeiten. Mit viel Wasser oder fast reiner Farbe. Teilweise liest man Tipps wie vorheriges anfeuchten des Malgrundes, um fliessende Übergänge zu bekommen. Doch damit geht man auch das Risiko einer verminderten Haftung der Farbe ein. Besser ist es, die Farbe stärker zu verdünnen und ggf. noch den Trocknungsverzögerer hinzu zu geben. Letztendlich – wenn man keine Erfahrung hat, hilft nur probieren.

Fotografieren

Annie Leibovitz verwendet häufig für die Portraits einen Studioblitz in einem 150 cm Reflexschirm von Photec. Beim neuen Pirelli Kalender hat sie aber auch eine Elinchrom Rotalux Deep Octa Indirect verwendet. Die Besonderheit zeigt sich hier eben auch mit dem Hintergrund. Ein gemalter Hintergrund ergibt tolle Möglichkeiten, mit dem Licht zu arbeiten.

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Und es ist wirklich interessant, wie sich die Bildwirkung verändert abhängig davon, wie man das Licht setzt oder welchen Lichtformer man verwendet. Zusätzlich kann man natürlich noch mit einem Hintergrundlicht beleuchten und so die Struktur des Hintergrundes hervorheben. Bei den ersten beiden Bilder habe ich nur mit einem Licht gearbeitet.

GV9A6055Jedenfalls war das nicht der letzte Hintergrund, den ich gemalt habe. Ich habe weit weniger Farbe gebraucht, als ich bestellt hatte. Die Kosten beliefen sich (bei einer vorbehandelten Leinwand aus Baumwolle) auf ca. 250 Euro. Zeitlich muss man etwa 20 Stunden einrechnen.

Lagerung

Auf keinen Fall sollte man die Leinwand falten. Wie oben schon geschrieben, bekommt man Falten fast nicht mehr raus. Am besten rollt man die Leinwand auf den Kern, den man mit der Lieferung erhalten hat, auf. Dadurch, dass die Farbe nur dünn und fast lasierend aufgetragen ist, bricht sie auch nicht.

Paar-Shooting

Kleines Update

Inzwischen haben wir vier Backdrops gemalt – wenn man mal damit anfängt, kann man süchtig werden 🙂
Meine Partnerin Angela hat sich noch einen roten gemalt. Die Menge an Farbe, die ich zuerst bestellt hatte, war viel zu viel. Jetzt müssen wir einfach entsprechend Leinwand nach ordern 🙂 Es werden auf jeden Fall noch zwei weitere dazu kommen.

Deshalb hier noch ein paar Bildbeispiele von den anderen Backdrops.

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14 Gedanken zu „Backdrop im Oliphant-Style“

  1. VIELEN VIELEN DANK!!!!!! Wirklich! Ich suche schon lange nach guten Bckdrops… aber hier in Deutschland findet man nichts… Super detaillierter Artikel- werde ich auch ausprobieren. Ich folge Sue Bryce,die ja auch die Oliphanten Bd. benutzt u selbst anfertigt. DANKE nochmal:))

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  2. Danke, Super Artikel!

    Der Link zu dem (ebenfalls sehenswerten!) englischen HowTo von ilovehatephoto hat sich wohl geändert:
    http://ilovehatephoto.com/2014/10/15/how-to-hand-paint-an-oliphant-or-schmidli-style-photo-backdrop/

    Bin gerade an meinem ersten Backdrop, ich habe zwei alte „echte“ Leintücher gefunden und will jetzt am kleineren Format erste Erfahrungen sammeln. Da diese Laken natürlich nicht grundiert sind, habe ich Acrylbinder als Grundierung verwendet. Für die Bettlakengrösse braucht das etwa 500ml, die ich mit ca. 250ml Wasser verdünnt habe.

    Farbe braucht es dann tatsächlich sehr wenig. Auf diese Fläche habe ich bisher insgesamt ca. 50ml Acrylfarbe gebraucht. Ein bisschen tupfen und kleckern muss ich aber noch… 😉

    Gut Licht!
    Gabor

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