Wer sich mit Natur-Fotografie beschäftigt, wird wahrscheinlich irgendwann einmal ein Makroobjektiv in sein Sortiment aufnehmen. Die kleinen Schönheiten der Natur ganz groß abzubilden, vielleicht sogar im Maßstab 1:1 reizt schon sehr.
Nach den ersten Versuchen kehrt vielleicht etwas Ernüchterung ein. Das Fokussieren mit dem Autofokus scheint kaum zu funktionieren. Bei dem kurzen Abstand bedeutet der kleinste Wackler eine Änderung des Fokuspunktes. Schaut man die ersten Makroaufnahmen an, dann ist man erstaunt über die geringe Schärfentiefe. Und auch das Schließen der Blende ändert nicht viel daran. Im Gegenteil. Schließt man die Blende auf f22 wird das Bild insgesamt wieder unschärfer. Die Ursache dafür ist die Beugungsunschärfe. Je stärker man die Blende schließt, umso mehr wird das Licht an der Blende gebeugt. Diese Beugung findet immer statt – auch bei offener Blende. Aber erst bei einer sehr kleinen Blendenöffnung beginnt sich diese negativ auszuwirken. Es gilt also eine mittlere Blende zu finden, die einen Kompromiss zwischen maximaler Tiefenschärfe und Abbildungsqualität darstellt. Diese Blende wir als förderliche Blende bezeichnet und liegt bei den meisten Objektiven, Sensorgrössen etwa bei Blende 11.
Wie Eingangs geschrieben, hat der Autofokus in diesem Nahbereich oft Schwierigkeiten. Es ist deshalb besser, im Makrobereich ohne Autofokus zu arbeiten. Möchte man eine Einzelaufnahmen im Nahbereich aus der Hand machen (ohne Stativ), sollte man in dem Moment auslösen, in dem sich das Objekt optimal im Schärfepunkt befindet. Das kann man über den Sucher beurteilen oder den Auslöser antippen. Bei den meisten Kameras erhält man ein Tonsignal, wenn der Fokuspunkt stimmt – auch wenn der Autofokus abgestellt ist.
Im Makrobereich ist es jedoch so, dass der Schärfentiefebereich, also der Bereich der scharf abgebildet wird, extrem knapp ist. Z.B. bei 100mm Brennweite am Vollformat und Maßstab 1:1, Blende 13 beträgt der Bereich, der scharf abgebildet ist, gerade mal 2 mm.
Sicher haben viele schon faszinierende Makroaufnahmen z.B. von Insektenaugen gesehen. Wie erhält man nun solche Aufnahmen?
Dies funktioniert über Focus Stacking. Dabei werden viele Einzelaufnahmen mit jeweils unterschiedlichem Fokuspunkt gemacht. Mit Hilfe einer Software kombiniert man nun diese Einzelaufnahmen zu einem Gesamtbild.
Für die Einzelaufnahmen ist es unumgänglich, dass die Kamera auf einem Stativ montiert wird. Das Motiv muss sich möglichst immer an der gleichen Stelle befinden. Z.T. können die Programme die verschiedenen Aufnahmen noch etwas ausrichten – doch auch dies hat seine Grenzen.
Anfangs sollte man sich deshalb dafür ein geduldiges Objekt aussuchen – das kann z.B. ein Würfelzucker sein oder das Ziffernblatt einer alten Armbanduhr.
Geht man dann raus in die Natur, um Pflanzen abzubilden, sollte man mit „stabileren“ Objekten wie z.B. Pilzen beginnen. Bei Blümchen sollte man sich einen windstillen Tag bzw. einen windstillen Platz aussuchen – sonst verliert man schnell den Spaß daran.
Bei Insekten kann man vielleicht mit toten Insekten beginnen, die man findet. Ansonsten sollte man früh morgens unterwegs sein. Dann sind die Insekten häufig noch in der sogenannten Kältestarre. Auch gegen Abend kann man Glück haben.
Die Aufnahmetechnik
Es gibt zwei Varianten, um zu mehreren Aufnahmen mit unterschiedlichem Fokuspunkt zu kommen.
Makroschlitten
Der Makroschlitten (auch Einstellschlitten genannt) ist ein beweglicher Schlitten bestehend aus zwei verbundenen Platten die über eine Einstellschraube gegeneinander verschoben werden können. Der Einstellschlitten kommt dabei auf den Stativkopf und die Kamera dann auf den Einstellschlitten. Mittels Rändelschraube am Einstellschlitten lässt sich nun die Kamera 1/10 mm genau positionieren.
Ändern der Fokussierung
Genauso kann man auch die Fokussierung (Entfernung) am Objektiv ändern. Die einen finden den Makroschlitten besser, andere das Ändern der Entfernungseinstellung. Der Vorteil an dieser zweiten Methode ist der, dass sich die Perspektive nicht ändert. Dafür kann es zu geringfügigen Änderungen des Bildausschnitts kommen. Die Programme, die die Einzelbilder verarbeiten, korrigieren dies aber in der Regel sehr gut.
Focusstacking in der Landschaftsfotografie
Oben hatte ich schon einmal die Schärfentiefe (oder Tiefenschärfe) angesprochen. Dazu hat vielleicht der eine oder andere schon den Begriff „hyperfokale Distanz“ gehört. Das ist der Bereich, der bis Unendlich in akzeptabler Unschärfe abgebildet wird (als scharf ist – um es besser zu verstehen). Gerade in der Landschaftsfotografie haben wir oft den Wunsch, dass alles von vorne bis hinten scharf ist.
Dieser maximale Bereich, der scharf abgebildet ist, ist abhängig von der verwendeten Brennweite, der Blende und der Sensorgrösse (bzw. dem Zerstreuungskreisdurchmesser). Diese hyperfokale Distanz kann man berechnen. Online geht das z.B. hier auf dieser Internetseite. Für das Handy gibt es auch Apps wie z.B. DoF Calc oder HyperFocal.
Mit der Berechnung erhält man den Punkt auf den man maximal im Vordergrund fokussieren kann wenn „Unendlich“ auch scharf abgebildet sein soll.
Um das einmal an einem Beispiel aufzuzeigen:
Gegeben ist die Brennweite 24mm und es wird die Blende 11 gewählt. Die verwendete Kamera ist eine Canon 5D Mark III (oder eine Nikon D800 – jedenfalls Vollformat). Dann ist die hyperfokale Distanz ca. 1,8 Meter. Der Schärfentiefebereich reicht dabei etwa von der halben hyperfokalen Distanz bis Unendlich. Fokussiert man also nun auf einen Punkt, der etwa 1,8 Meter entfernt ist, sollte alles von ca. 0,9 Meter bis Unendlich scharf abgebildet sein.
Hat man nun aber ein Objekt ganz nah im Vordergrund (Steine, Wurzel), das nur 50 Zentimeter entfernt ist, reicht der Schärfentiefebereich nicht aus. Sicher könnte man mit weiterem Schließen der Blende (z.B. f22) die hyperfokale Distanz verkürzen. Doch dann kommt wieder die Beugungsunschärfe verschlechternd hinzu.
Es wird schnell klar: In einer solchen Situation wird man immer einen Kompromiss eingehen. Die Alternative ist, wie oben beschrieben, das Focus Stacking. D.h. man macht eine Aufnahme mit der Entfernungseinstellung z.B. von ca. zwei Meter und eine Aufnahme mit der Entfernungseinstellung 20 Meter. Diese beiden Aufnahmen werden kombiniert.
Kombinieren der Aufnahmen
In der Makrofotografie macht man, wegen des extrem geringen Schärfentiefe-Bereichs oft einige Aufnahmen (fünf und mehr). Diese kombiniert man am besten mit entsprechenden Programmen die darauf spezialisiert sind. Ein kostenloses Programm ist z.B. CombineZP.
(05.10.2017 / der Link scheint nicht mehr zu funktionieren, obwohl er in Wikipedia auch noch so steht. Die Google Suche nach CombineZP führt zu versch. Quellen für den Download).
In der Landschaftsfotografie, wo man mit zwei oder drei Aufnahmen auskommt, wird man mit entsprechenden Ebenenmasken in Photoshop, Gimp oder Photoshop-Elements auskommen.
Zu dem Thema hatte ich auch vor kurzem zwei Videos in meinem Youtube-Kanal veröffentlicht: