Der Hype ging so richtig mit der Ice Bucket Challenge (Eiskübelherausforderung) im Sommer 2014 los. Zuerst schütteten sich Promis einen Eimer Eiswürfel über den Kopf, spendeten etwas für ALS Kranke und nominierten den nächsten Promi. Nachdem diese „Challenge“ auch beim letzten Möchtegern-Promi angelangt war, starteten verschiedene in Facebook die nächsten „Herausforderungen“ (Vielleicht weil sie traurig waren, nicht zu den Möchtegern-Promis zu gehören). „Zeige fünf deiner schönsten Landschaftsbilder und nominiere fünf weitere Personen“, „Zeige fünf s/w Bilder und nominiere fünf weitere Personen“. Irgendwie scheint das kein Ende zu nehmen und zeitweise frage ich mich, wie langweilig muss es den Menschen eigentlich sein…
Es sind nicht viele Blogs und Newsletter, die ich abonniert habe. Einer davon ist der Newsletter von Calvin Hollywood, einem Photoshop-Experte aus der Nähe von Mannheim. Seit etwa einem Jahr macht er auch etwas auf Unternehmens-/Lebensberater. Das wenigste von ihm spricht mich wirklich an. Aber ab und an hat er ein paar gute Schlagzeilen, über die ich nicht nur nachdenke sondern auch sagen muss: „stimmt“. Eine, im letzten Newsletter war: „Nimm Facebook nicht zu wichtig“.
Ich kenne (kannte) Menschen, die fast den ganzen Tag damit verbringen, Facebook zu aktualisieren. Wenn Sie ein Bild posten, registrieren sie genau, wer „Gefällt mir“ klickt und wer nicht. Und davon machen sie es dann wieder abhängig, ob sie ein Bild einer anderen Person mit „Gefällt mir“ markieren oder nicht. Findet denn man das Essen in einem Restaurant nur dann gut, wenn der Restaurant-Besitzer dem Gast ein Kompliment macht? Auch eine große Mode ist es, eine eigene Seite in Facebook anzulegen. „Maria Fotographie“ (wobei ich bei der denglischen Wortmischung immer schmunzeln muss). Nachdem die Seite angelegt ist, geht es auf „Fan-Suche“. Dabei machen sie es dann wieder abhängig, eine Seite mit „Gefällt mir“ zu markieren, ob der/die andere die eigene Seite mit „Gefällt mir“ markiert hat. Ich denke mir meinen Teil dazu… Bei manchem Menschen habe ich das Gefühl, dass er seinen Selbstwert nur noch über soziale Netzwerke wie Facebook definiert.
Ich zeige meine Bilder an unterschiedlichen Stellen. In Facebook, auf Flickr, auf 500px und in einem Forum. Und natürlich freue ich mich über positive Rückmeldungen z.B. in Form von „Gefällt mir“ Klicks in Facebook. Der alte Spruch „Der Applaus ist das Brot des Künstlers“ hat auch in der virtuellen Welt seinen Platz.
Nüchtern betrachtet kann ich mit den „Gefällt mir“ Klicks jedoch nichts anfangen. Sie sind nett und ich nehme sie wohlwollend zur Kenntnis. Viel mehr freue ich mich, wenn sich jemand wirklich die Mühe macht, ein Wort über eines meiner Bild zu verlieren. Und auch wenn ein Bild wenig Resonanz findet, gefällt mir das Bild und das, was ich fotografisch mache. Wenn ich von einem Bild nicht überzeugt bin, zeige ich es auch nicht. Sicher würde ich manches Bild, das ich vor einigen Jahren gemacht habe, heute anders machen (oder nicht mehr machen).
Weil ich das Feedback in Form von Klicks oder Punkten nicht so wichtig nehme, macht es mich auch nicht unglücklich, wenn ein Bild einmal keine Resonanz hervorruft. Z.B. habe ich einmal ein (meiner Meinung nach) tolles Bild von einem Wasserfall auf 500px hochgeladen. Und es folgte überhaupt keine Resonanz. Da war ich im Moment (zugegeben) etwas irritiert.
Darauf habe ich mich einmal etwas darüber schlau gemacht, wie 500px funktioniert. U.a. fand ich im Internet Beschreibungen, wie man sein Bild über mehrere Tage auf einen Puls von über 90% in 500px hält. „Puls“ ist die Bewertung in 500px, welche die Beliebtheit eines Bildes wiederspiegeln soll. Ich habe dann die Mechanismen an einem anderen Bild ausprobiert – und es funktionierte.
Seitdem haben 500px, Facebook, Flickr und wie sie alle heißen den letzten Rest an Wichtigkeit verloren. Natürlich zeige ich weiterhin dort meine Bilder. Weil ich weiß, dass es Menschen gibt, die meine Aktivität dort verfolgen und sich über meine Bilder freuen. Und dies ein einfacher Weg ist, denen meine Bilder zu zeigen.
Aber viel wichtiger, als diese virtuelle Welt, sind mir die persönlichen Begegnungen wie zuletzt am Weihnachtsmarkt, wo ich meine Bilder auf Leinwand und Alu-Dibond zeigte. Über ein Bild zu sprechen, zu erzählen, wie es entstanden ist und was ich mir bei der Bearbeitung dachte, finde ich viel spannender. Denn sofort bekomme ich eine Rückmeldung dazu, wie das beim Betrachter ankommt.
Ich fand schon die Ice Bucket Challenge ziemlich daneben. Genauso wie alle anderen folgenden Challenges. Anerkennung und Freunde findet man im wahren Leben. Was in der virtuellen Welt geschieht, ist in wenigen Stunden vergessen… Ebenso die angeblichen Freunde.
Sicher denkt jetzt mancher, dass ich ja auch fast täglich in Facebook poste. Richtig, auf meiner „Firmenseite“. In meinem Privatprofil poste ich vielleicht 10 Beiträge im Jahr auf Facebook. Private Dinge von mir findet man so gut wie keine im Netz. Kaum ein Bild meiner Kinder (vielleicht ein oder zwei) und auch sonst wenig von mir.
Aus fotografischer Sicht finde ich Herausforderungen grundsätzlich gut. Aber die Aufgabe sollte man sich selbst stellen. Z.B. hatte ich mal ein Jahresprojekt, in dem ich meinen ersten großen Timelapse produzierte. Dieses Jahr wollte ich viel mit künstlicher Beleuchtung nächtlicher Landschaften machen – was nicht ganz so in Erfüllung ging. Aber sicher überlege ich mir auch für das kommende Jahr wieder eine Aufgabe. Eine, die ich mir selbst stelle und nicht fremdbestimmt. Und dann werde ich recherchieren, mich vorbereiten und mir Rückmeldung zu den Ergebnissen einholen.
Gerne dürft ihr auch diesen Blog-Beitrag kommentieren. Ich bin auf eure Meinungen zum Thema gespannt. 🙂
Da hast Du wohl recht Thomas – bei Flickr und 500px gilt vorallem auch do ut des wie der der Lateiner sagt oder simpel wenn Du mir dann ich Dir. Wenn Du frustrationstolerant bist kannst Du mal versuchen, deine Bilder auf 1x.com zu platzieren. Da kannst Du eine Million anderer Bilder „liken“ – nützt nix, denn die werden handverlesen von 20 Kuratoren. Natürlich auch nicht objektiv – aber immerhin… Was den sozialen Kontakt betrifft – Da hast Du natürlich ganz recht – schliesslich sind wir keine digital natives in unserem Alter, sondern digital immigrants und die sollten nicht vergessen wie’s früher war 🙂
Vielen Dank für deinen Kommentar Reto. Ja, das lässt sich fortsetzen. Bei FB ist z.B. die Uhrzeit relevant und wieviele „Freunde“ du hast, die deine Bilder kommentieren oder teilen. Auf den meisten Plattformen gibt es einfache mathematische Regeln. Deshalb ist es für mich nicht unbedingt wichtig. Denn ich habe keine Lust, mich nach den Algorythmen der jeweiligen Plattform zu verhalten.